Das Therapieprogramm THICS (Woitecki & Döpfner, 2015; zu beziehen über https://www.hogrefe.de) stellt ein umfassendes Behandlungspaket zur Behandlung von Tic-Störungen und verwandten Störungen im Kindes- und Jugendalter dar. THICS beschreibt in einzelnen Behandlungsbausteinen mit umfangreichen Materialien verschiedene Interventionen und konzentriert sich auf die problemfokussierte Therapie der Tic-Symptomatik mittels Reaktionsumkehr (Habit Reversal-Training). Der Fokus liegt auf patientenzentrierten Interventionen in Form von Einzeltherapie, welche durch eltern- und schulzentrierte Interventionen unterstützt werden soll. Mit Hilfe der im Manual dargestellten Module und Bausteine und den enthaltenen Arbeitsblättern lässt sich eine individuell angepasste Therapie zusammenstellen, welche auf die spezifische Behandlung von Tic-Symptomen abzielt.
Stand der Forschung
THICS wurde in seiner ersten Fassung 2015 publiziert und hat in der Praxis einen sehr großen Anklang gefunden. Das Manual wurde zwischen 2009 und 2011 entwickelt und baut auf einer langjährigen Beschäftigung mit der verhaltenstherapeutischen Behandlung von Tic-Störungen auf. Es wurde 2011 in einer ersten Pilotstudie und ab 2013 in einer randomisierten Kontrollgruppenstudie evaluiert, mit dem Ziel, in der Praxis anwendbare und erprobte Interventionen für Kinder und Jugendliche mit Tic-Störungen darzulegen. In diesen Studien konnten positive Effekte einer an THICS orientierten Behandlung im Vergleich zu alternativen Interventionen nachgewiesen werden.
Viefhaus, P., Feldhausen, M., Görtz-Dorten, A., Volk, H., Döpfner, M., & Woitecki, K. (2020). Efficacy of habit reversal training in children with chronic tic disorders: a within-subject analysis. Behavior Modification, 44, 114–136. https://doi.org/10.1177/0145445518796203
Woitecki, K., & Döpfner, M. (2011). Die Wirksamkeit der Reaktionsumkehr-Behandlung bei Kindern und Jugendlichen mit Tic- und Tourette-Störungen: Eine Pilotstudie. Zeitschrift für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, 39, 387–397. https://doi.org/10.1024/1422-4917/a000137
Woitecki, K., & Döpfner, M. (2012). Veränderung komorbider Symptome und subjektiver Beeinträchtigung bei einer Reaktionsumkehr-Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit chronischen Tic-Störungen – eine Pilotstudie. Zeitschrift für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, 40, 181–190. https://doi.org/10.1024/1422-4917/a000168
Woitecki, K., & Döpfner, M. (2015). Therapieprogramm für Kinder und Jugendliche mit Tic-Störungen (THICS). Göttingen: Hogrefe.
THICS
Einleitung
Tics sind unwillkürliche, plötzliche und wiederkehrende Bewegungen oder Lautäußerungen und treten häufig im Kindes- und Jugendalter auf. Es gibt eine große Bandbreite an Erscheinungsmöglichkeiten von Tics, sie werden jedoch in jedem Fall von dem/der Betroffenen als sinnlos und meist störend empfunden und geschehen unwillkürlich und für Betroffene unkontrollierbar. Die Symptome treten meist nur für einige Sekunden auf und wiederholen sich jedoch sehr häufig im Tagesverlauf. Sie variieren bei Betroffenen stark hinsichtlich Art, Intensität, Häufigkeit, Lokalisation, Anzahl und Komplexität und können motorisch oder vokal auftreten.
Motorische Tics können sich in Form von Augenzwinkern, Grimassen, Kopfnicken, Zucken oder anderen unkontrollierten Bewegungen äußern.
Vokale Tics beziehen sich auf unwillkürliche, wiederholte Lautäußerungen. Dies umfasst zum Beispiel Räuspern, Schnauben oder das wiederholte Ausrufen von Wörtern oder Sätzen. Es gibt eine große Variationsbreite des Schweregrades von Tics. Vorübergehende Tic-Störungen halten nicht länger als 12 Monate an und treten meist im Alter von 4 bis 5 Jahren auf. Chronische Tic-Störungen umfassen meist multiple Tics, entweder motorisch oder vokal, und dauern länger als ein Jahr an. Hiervon abgegrenzt wird zusätzlich das Tourette-Syndrom als Form der Tic-Störung, bei der multiple motorische Tics und ein oder mehrere vokale Tics vorhanden sind. Die Tics äußern sich in explosiven repetitiven Vokalisationen und persistieren meist bis ins Erwachsenenalter.
Tics verändern sich über die Zeit hinweg häufig. Die Symptome lassen unter Konzentration oder Entspannung oftmals nach, nehmen jedoch bei Aufregung oder Stress meist zu.