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Therapieprogramm für Kinder mit aggressivem Verhalten (THAV)

Das Therapieprogramm THAV (2., überarbeitete und erweiterte Auflage; Görtz-Dorten & Döpfner, 2019; zu beziehen über www.hogrefe.de) stellt ein umfassendes Behandlungspaket zur multimodalen Behandlung von Kindern im Alter von 6 bis 12 Jahren mit reaktiv aggressivem Verhalten und Problemen der Affektregulation oder proaktiv aggressivem Verhalten und begrenzten prosozialen zwischenmenschlichen Beziehungs- und emotionalen Reaktionsmustern besonders gegenüber Gleichaltrigen dar. Die Intervention können entsprechend der jeweiligen aufrechterhaltenden Faktoren auf jedes einzelne Kind abgestimmt werden. THAV beschreibt in einzelnen Behandlungsbausteinen mit umfangreichen Materialien differenziert verschiedene symptomorientierte Interventionen. Die schriftlichen Materialien lassen sich anhand der im Manual beiliegenden CD farbig ausdrucken.

In einer Materialbox werden Puppen, Brillen, Emotionskarten, ein Ärger-Thermometer, Soziogrammtafeln und das Zauberwaldspiel zur Verfügung gestellt, die einen kindgemäßen Zugang erleichtern (zu beziehen über www.testzentrale.de). Mit dieser Hilfe lassen sich die einzelnen Module und Bausteine von THAV zu einer individuell angepassten Therapie zusammenstellen, welche auf die spezifischen Konfliktsituationen, aber auch Kontaktaufnahmesituationen abzielen.

Stand der Forschung

THAV wurde in seiner ersten Fassung 2010 publiziert und hat sich mittlerweile zum Standard in der Therapie von Kindern mit Störungen des Sozialverhaltens entwickelt und in der Praxis einen sehr großen Anklang gefunden. THAV wird von den aktuellen S-3 Leitlinien der AWMF als evidenzbasiertes Therapieprogramm bewertet.

Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie Psychosomatik und Psychotherapie (DGKJP). (Hrsg). (2018). Langfassung der evidenz- und konsensbasierten Leitlinie (S3) Störungen des Sozialverhaltens: Empfehlungen zur Versorgung und Behandlung. AWMF-Registernummer 028-020.
http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/028-020l_S3_Stoerungen_des_Sozialverhaltens_2018-09_1.pdf

THAV wurde in Eigenkontrollgruppenstudien im Einzel- und Gruppensetting sowie in einer randomisierten Kontrollgruppenstudie und in einer Studie zum Langzeitverlauf in den letzten Jahren evaluiert. In diesen Studien konnten deutliche Effekte der Behandlung mit THAV im Vergleich zur Diagnostikphase als auch zu einer alternativen Intervention mit pädagogischen Spielgruppen nachgewiesen werden.

Görtz-Dorten, A., Benesch, C., Hautmann, C., Berk-Pawlitzek, E., Faber, M., Lindenschmidt, T., Stadermann, R., Schuh, L., & Doepfner, M. (2017). Efficacy of an individualized social competence training for children with Oppositional Defiant Disorders/Conduct Disorders. Psychotherapy Research 27, 326-337.

Görtz-Dorten, A., Benesch, C., Berk-Pawlitzek, E., Faber, M., Hautmann, C., Hellmich, M., ...& Doepfner, M. (2019). Efficacy of individualized social competence training for children with oppositional defiant disorders/conduct disorders: a randomized controlled trial with an active control group. European Child & Adolescent Psychiatry, 28(2), 165-175.

Görtz-Dorten, A., Lindenschmidt, T., Hautmann, C., Hellmich, M., Dose, C., Walter, D., & Döpfner, M. (2020). Stability of an Individualized Social Competence Training for Children with Oppositional Defiant Disorders/Conduct Disorders – A Randomized Controlled Trial with an Active Control Group in a 1-year follow-up. Manuscript submitted for publication.

Darüber hinaus wurden Mediationsmechanismen in Studien überprüft:
Katzmann, J., Görtz-Dorten, A., & Döpfner, M. (2018). Child-based treatment of oppositional defiant disorder: Mediating effects on maternal depression, anxiety and stress. European Child and Adolescent Psychiatry 27, 1181-1192. doi: 10.1007/s00787-018-1181-5.

Katzmann, J., Görtz-Dorten, A., Hautmann, C., & Döpfner, M. (2018). Social skills training and play group intervention for children with oppositional defiant disorders / conduct disorder: Mediating mechanisms in a head-to-head comparison. Psychotherapy Research. doi: 10.1080/10503307.2018.1425559.

THAV

Einleitung

stoerungsmodell Created with Sketch. Störung sozialer Kognitionen Störung der Emotions- verarbeitung Störung sozialer Problemlöse‐ & Verhaltensfertigkeiten Störung sozialer Interaktionen Modifikation sozialer Kognitionen Modifikation der Emotions- verarbeitung Modifikation sozialer Problemlöse‐ & Verhaltensfertigkeiten Modifikation sozialer Interaktionen Dabei sind diese Prozesse im Einzelfall unterschiedlich stark beteiligt. Aggressives Verhalten kann durch mehrere Störungen ausgelöst werden. Während der Therapie können verschiedene Interventionsbereiche zur Verminderung des aggressiven Verhaltens eingesetzt werden.

THAV

Störungs- und Interventionsmodell

THAV

Adaptive Therapie

THAV ist als individualisierte Therapie konzipiert, in der einzelne Module und ihre Bausteine entsprechend den individuellen Problemen der Kinder zusammengestellt werden können.

therapieverlauf Created with Sketch. MODUL 5 Abschluss Liegt aggressives Verhalten in realer Situation vor? MODUL 2 bis 4 Selbstmanagement und Interventionen im natürlichen Umfeld mit positiven und negativen Konsequenzen Schritt 5: Beobachtung des Verhaltens in realer Situation Allerdings zeigen Kinder häufig trotz guter sozial‐kognitiver Problemlösefähigkeit, guter Affekt‐ und Impulskontrolle und gut entwickelten sozialen Fertigkeiten dennoch aggressive Verhaltensauffälligkeiten, die dann vermutlich durch verstärkende Bedingungen in der konkreten Situation aufrecht erhalten werden. In solchen Fällen sind Methoden des Selbstmanagement (Selbstverstärkung) sowie Interventionen im natürlichen Umfeld indiziert, um angemessene positive und negative Konsequenzen für sozial kompetentes Verhalten bzw. aggressives Verhalten zu setzen. Dabei sind die umfeldzentrierten Interventionen, die über Eltern, Erzieherinnen/Erzieher oder Lehrerinnen/Lehrer in den Modulen II bis IV eingeführt werden, von besonderer Bedeutung. Verstärkersysteme (Token‐Systeme und Token‐Entzugssysteme) spielen daher innerhalb von THAV eine große Rolle. Ist die Problemlösung oder das Verhalten ineffektiv? Problemlöse- & Verhaltens- fertigkeitentraining MODUL 4 Verhalten Schritt 4: Exploration der Problemlösung und Beobachtung des Verhaltens im Rollenspiel Für jede spezifische soziale Situation oder Situationsklasse wird beim Kind auch erfragt, welche Gedanken, Gefühls‐ und Handlungsalternativen ihm noch einfallen, welche Konsequenzen die verschiedenen Handlungsalternativen nach sich ziehen könnten, wie seine Erfolgs‐/Misserfolgserwartungen sind, wofür es ein Kompetenzvertrauen hat und was letztlich die beste Alternative wäre. Schließlich wird eine sozial kompetente Verhaltensalternative im Rollenspiel durchgespielt und das Verhalten des Kindes wird dabei beobachtet. Ergeben sich daraus oder aus weiteren Informationen der Bezugspersonen Hinweise auf Defizite in der Problemlösung oder auf mangelnde soziale Fertigkeiten, dann ist ein Problemlöse‐ und Verhaltensfertigkeitentraining (Modul IV) indiziert, in dem diese Kompetenzen eingeübt werden. Liegt eine eingeschränkte Empathie oder Emotionsregulation vor? Modifikation der Emotionsverarbeitung MODUL 3 Emotionen Schritt 3: Exploration der Intensität der Emotionen und Fähigkeit zum Perspektivenwechsel Zeigt das Kind während dieser Exploration Schwierigkeiten sich in die Gedanken, Gefühle oder Motive ihres/seines Gegenübers hineinzuversetzen oder einen Mangel an Reue oder Schuldbewusstsein, Gefühlskälte oder einen oberflächlichen Affekt, d.h. liegen Hinweise auf eine eingeschränkte Empathiefähigkeit oder eine begrenzte prosoziale Emotionalität vor, sind Interventionen zur Emotionsverarbeitung (Modul III) indiziert. In einem weiteren Schritt der Exploration wird das Kind aufgefordert, das Ausmaß des Ärgers bzw. seines gefühlsmäßigen Einfrierens zu beurteilen, das in diesen spezifischen Situationen aufkommt. Zusätzlich werden von den Bezugspersonen Einschätzungen bezüglich der emotionalen Reaktionen des Kindes in diesen Situationen erhoben. Bei Hinweisen auf ausgeprägte Probleme z.B. in der Impulskontrolle ist ein Ärgerkontrolltraining (Modul III) indiziert. Liegt eine Fehlwahrnehmung oder liegen dysfunktionale Kognitionen vor? Modifikation sozialer Kognition MODUL 2 Kognitionen Schritt 2: Exploration der Wahrnehmung und Kognitionen des Kindes in diesen Situationen Das Kind wird in der Exploration gefragt, was genau in einer spezifischen Situation passiert ist, was es getan hat, was es dabei gedacht und gefühlt hat sowie was sein Gegenüber vermutlich gedacht oder gefühlt hat. Auf der Basis dieser Exploration lassen sich typische kognitive Fehler identifizieren, die so gut wie immer auftreten. Daher ist eine sozial‐kognitive Intervention (Modul II) fast immer indiziert. Schritt 1: Ausgangspunkt bei der Therapieplanung sind die in der letzten Zeit real stattgefundenen sozialen Konfliktsituationen, die zunächst anhand der Exploration von Eltern und Lehrkräften zusammengestellt werden und danach mit dem Kind detailliert exploriert werden. Identifikation realer Konflikte (Exploration des Kindes und der Bezugspersonen) MODUL 1 Einstieg
Created with Sketch. MODUL 1 Einstieg MODUL 2 Kognitionen MODUL 3 Emotionen MODUL 4 Verhalten MODUL 5 Abschluss BAUSTEIN 1 Beziehungsaufbau, Therapiemotivation, Ressourcenaktivierung BAUSTEIN 2 Diagnostik, Problemdefinition BAUSTEIN 3 Störungskonzept MODUL 1 Einstieg BAUSTEIN 4 Ärger‐Gedanken & Ärgerkiller‐Gedanken BAUSTEIN 5 Eis‐Gedanken & Warm‐up‐Gedanken BAUSTEIN 6 Denkfallen MODUL 2 Kognitionen · Kognitive Komponenten der Störung (allgemeine und situationsbezogene Übungen) · Kindertraining: Veränderung aggressions- und/oder gefühlskälteerzeugender Kognitionen, dysfunktionaler Überzeugungen · Bezugspersonentraining: Veränderung eigener dysfunktionaler Kognitionen, Unterstützung von Therapieaufgaben / von   angemessenen Kognitionen beim Kind · Modifikationen sozialer Interaktionen mit Eltern, Lehrkräften, Gleichaltrigen durch Veränderung problemauslösender Situationen   und nachfolgender Konsequenzen (z.B. mit Hilfe von Elterntraining, Interventionen in Schule, Integration in prosoziale   Gleichaltrigengruppen), um Transfer von Veränderungen auf der kognitiven Ebene zu unterstützen BAUSTEIN 7 Erkennenung & Regulation eigener Emotionen BAUSTEIN 8 Kognitive & affektive Empathie BAUSTEIN 9 Ärgerkontrolle BAUSTEIN 10 Prosoziale Emotionalität MODUL 3 Emotionen · Emotionale Komponenten der Störung (allgemeine und situationsbezogene Übungen) · Kindertraining: Emotionen, Ärgersituationen und/oder Situationen in denen Gefühle einfrieren / ärger- und/oder   gefühlskälteauslösende Kognitionen erkennen & Entwicklung verschiedener Strategien zur Emotionskontrolle, Veränderung   sozial-emotionaler Komponenten (z.B. Empathie) · Bezugspersonentraining: eigener Umgang mit Emotionen, Emotionsregulation, Unterstützung von Therapieaufgaben und von   angemessener Emotionskontrolle beim Kind · Modifikationen sozialer Interaktionen mit Eltern, Lehrkräften, Gleichaltrigen durch Veränderung problemauslösender Situationen   und nachfolgender Konsequenzen (z.B. mit Hilfe von Elterntraining, Interventionen in Schule, Integration in prosoziale   Gleichaltrigengruppen), um Transfer von Veränderungen auf der emotionalen Ebene zu unterstützen BAUSTEIN 11 Kontakte aufnehmen & Freunde finden BAUSTEIN 12 Nicht immer der Erste sein müssen BAUSTEIN 13 Konflikte lösen und Rechte durchsetzen BAUSTEIN 14 Andere Kinder nicht ausnutzen oder ihnen aktiv schaden MODUL 4 Verhalten · Allgemeine und situationsbezogene Einheiten mit starkem Anteil des Einübens von sozial kompetentem Verhalten · Kindertraining: Einübung adäquater Problemlösefertigkeiten (z.B. alternative Lösungen finden und bewerten) & sozial   kompetentem / akzeptablem Verhalten z.B.: bei Kontaktaufnahme, Konfliktlösung, Dominanztendenzen, · Bezugspersonentraining: eigene Konfliktlösung, eigenes prosoziales Verhalten usw., Unterstützung von Therapieaufgaben und   von angemessenem sozial kompetentem/akzeptablem Verhalten beim Kind · Modifikationen sozialer Interaktionen mit Eltern, Lehrkräften, Gleichaltrigen durch Veränderung   problemauslösender Situationen und nachfolgender Konsequenzen (z.B. mit Hilfe von Elterntraining, Interventionen in Schule,   Integration in prosoziale Gleichaltrigengruppen), um Transfer von Veränderungen auf der Verhaltensebene, zu unterstützen BAUSTEIN 15 Bilanzierung, Rückfallprävention & Ablösung BAUSTEIN 16 "Das Zauberwaldspiel" Vertiefung einzelner Therapieinhalte MODUL 5 Abschluss Zurück zur Modulübersicht

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